Über NS-Boys und HooNaRa hinaus gibt es einige an sich unpolitische Fangruppierungen, bei denen vereinzelt Kameradschaftsaktivsten mitwirken. Durch gemeinsame Reisen mit rechten Fans zu Auswärtsspielen und der fehlenden Distanz großer Teile der Fanszene kommen junge Fußballfans oft früh in Kontakt mit neonazistischem Gedankengut. Stadionchoreografien reichen häufig nah an rechtliche Grenzbereiche heran, wie z.B. beim Zeigen roter Fahnen mit weißem Kreis (Nationalflagge des Dritten Reiches mit fehlendem Hakenkreuz) während eines Auswärtsspieles beim FC St. Pauli im April 2006. In jüngerer Vergangenheit fielen Chemnitzer Fußballfans negativ beim Länderspiel Aserbaidschan gegen Deutschland auf, als diese eine Schwarz-Weiß-Rote Fahne mit dem Schriftzug “Chemnitz” in Frakturschrift präsentierten. Die gleiche Fahne findet sich auch manchmal bei Spielen des CFC vor der eigenen Tribüne wieder. Viele junge, fast ausschließlich männliche Fußballfans finden Gefallen an den neonazistischen Provokationen und somit ist es nicht verwunderlich, dass fast alle (männlichen) Mitglieder des Rechten Plenums engen Kontakt zur rechten Fanszene des CFC haben.

Dem versucht das FAN-Projekt etwas entgegen zu setzen. Die Initiative bemüht sich, jungen Fans durch Gewaltprävention und antirassistische Arbeit Alternativen zu rechtem Gedankengut aufzuzeigen. So scheint es in der Chemnitzer Szene nur schwer möglich zu sein, Fankultur unbehelligt von rechten Einflüssen leben zu können. Dennoch kann das Chemnitzer FAN-Projekt noch als Lichtblick in der Fanszene gesehen werden. Das Projekt bemüht sich, den Jugendlichen durch Gewaltprävention und antirassistische Arbeit Alternativen zu menschenverachtenden und rassistischen Gedankengut aufzuzeigen.

Obwohl der Chemnitzer FC bemüht ist, mit verschiedenen Projekten die Neonazis in der Fangemeinde zurückzudrängen, gibt es weiterhin starke rechte Tendenzen innerhalb der Fangruppierungen und eine gewisse Ohnmacht seitens des Vereins. Trotz Verbots politischer Symbole im Stadion kam es wiederholt zum Entrollen des Transparentes „Chemnitzer Fußballclub – Deutsche Jugend – Ehre, wem Ehre gebührt“. Darüber hinaus wurde bereits mehrmals neonazistische Propaganda seitens der NPD vor dem Stadion verteilt. Auch hiergegen wusste der Fußballverein augenscheinlich nichts zu unternehmen.

Am 16.09.2017 verloren die Chemnitzer Ultragruppen “Contra Cultura” und “Ultra Bande Karl-Marx-Stadt” bei einem Überfall von Fans von Eintracht Frankfurt ihre Zaunfahnen. Nach einem ungeschriebenen Gesetz lösten sich diese danach auf. Sie haben ein großes Vakuum in der Fanszene hinterlassen.

Im Stadion wird immer wieder betont, dass die Rechten nicht in der Mehrheit seien. Jedoch haben die Rechten im Chemnitzer Stadion ganz klar das Gewaltmonopol, welches sie immer wieder unter Beweis stellen.

Seit 2019 existiert auch eine Fangruppe „Sektion Vielfalt“ im Stadion des CFC, welche sich klar gegen Rassismus positioniert. Jedoch hat diese Gruppe seit Beginn an mit rechten Einschüchterungsversuchen zu kämpfen. Als die Gruppierung bei einem Spiel eine Regenbogenflagge aufhängten wurde ein Mann aus der Fangruppe beim Verlassen des Stadions von Neonazis aufgehalten, am Arm festgehalten und im gedroht. Die „Sektion Vielfalt“ ist sehr klein, sie umfassen nur eine niedrige zweistellige Anzahl an Mitgliedern. Die Fangruppierung wird vom Verein nur sehr zurückhaltend unterstützt.

Der Tod von Thomas Haller

Am 09. März 2019 schafft es Chemnitz erneut in die Schlagzeilen. Grund ist das Gedenken an einen krankheitsbedingt verstorbenen Neonazi im Stadion des CFC während eines Spiels. Im Stadion fand eine Schweigeminute mit über 4000 Zuschauenden und eine Choreografie mit einem Banner mit der Aufschrift „Ruhe in Frieden, Tommy“, einer sehr großen Blockfahne mit einem weißen Kreuz und einer Pyro-Show statt. Auf der Videowand des Stadions wurde ein Bild des Neonazis gezeigt. Dabei sprach der Stadionsprecher von der „traurigen Nachricht“ und gedachte Haller als „Anhänger mit Leidenschaft für [den] Verein“. Zusätzlich hielt der damalige Chemnitz-Stürmer Daniel Frahn nach einem Tor ein Shirt mit der Aufschrift „Support your local Hools“, ein Shirt welches in der rechten Szene beliebt ist, in die Luft. Die Einnahmen durch den Verkauf dieses T-Shirts wurden für die Finanzierung der Behandlung Thomas Haller eingesetzt.

Thomas Haller war Mitbegründer der extrem rechten Hooligang-Gruppierung „Hooligans Nazis Rassisten“ (HooNaRa) beim CFC, welche zeitweilig bis zu 100 Personen umfasste. In den 1990er und 2000er Jahren galt er als führend für die lokale Hooliganszene. Der Schlachtruf „HooNaRa“ ist jedoch bis heute verbreitet. Haller war gut in der rechten Szene vernetzt, tauchte beispielsweise auch in den Akten der Terrorgruppe NSU auf, weil er Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe beispielswiese die erste Wohnung in Chemnitz organisiert hatte. Zusätzlich organisierte Haller über Jahre hinweg den Ordnungsdienst für das Stadion des CFCs. Im Jahr 2007 trennte der Verein sich wegen „vereinsschädigender Äußerungen“ von der Firma. Bis kurz vor seinem Tod soll er die junge rechte Szene in Chemnitz mit aufgebaut haben.

Am 18. März 2019 fand dann die Beerdigung Thomas Haller statt. Zu diesem Anlass kamen rund 1.000 Teilnehmende, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Die meisten beteiligten sich an einem spontanen Trauermarsch zum Friedhof, angeführt von extrem rechten Hooligans. An dem Trauermarsch beteiligten sich unter anderem Größen der rechten Szene, Fußballhooligans und AfDler. So kann man den Pegida-Vizechef Däbritz sowie den Sänger der extrem rechten Band Landser erwähnen. Während des Trauermarsches kam es zusätzlich zu Einschüchterungsversuchen gegenüber Journalist*Innen.

Dem Gedenken im Stadion folgten Konsequenzen. Die Fanbeauftragten wurden gekündigt und der CFC distanzierte sich vom Geschehen im Stadion. Außerdem kündigt der Geschäftsführer Uhlig.

Diese Seite wurde zu zuletzt am 17. Dezember 2020 bearbeitet.

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