Die derzeitige Situation gewährleistet AsylbewerberInnen keinen ausreichenden Schutz der Intimsphäre, der Gesundheit und des Wohls der Menschen. Während sich die Situation in den Unterbringungen im Kompetenzbereich des Landes Sachsen noch einigermaßen erträglich zeigt, ist die Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in Chemnitz problematisch. Die Einrichtung war in den letzten Jahren teilweise so stark überlastet, dass Geflüchtete in Zelten oder Containern untergebracht werden mussten. AnwohnerInnen wie auch Geflüchtete berichten gerade bei dieser Unterkunft von häufigen Problemen. Die Nachbarschaft äußert ihren Unmut und ist gefährlich empfänglich geworden für rechtspopulistische und neonazistische Aktivitäten gegen die Unterkunft. 2014 gab es in Deutschland 260 registrierte rechte Demonstrationen gegen Flüchtlingsunterkünfte, wie aus der von Pro Asyl und der Amadeu Antonio Stiftung geschaffenen Chronik hervorgeht. Es gab 89 Sachbeschädigungen an Unterkünften und 34 Brandanschläge.

Das Asylbewerberleistungsgesetzt regelt auch die medizinische Versorgung. AsylbewerberInnen sind nicht gesetzlich krankenversichert, die medizinische Versorgung wird durch das Sozialamt gewährleistet. Bevor ein Flüchtling zum Arzt gehen darf, benötigt er oder sie vom Sozialamt einen Krankenschein. Das bedeutet zum einen, dass Erkrankte erst den oft weiten und teuren Weg zur Behörde auf sich und nicht selten eine Wartezeit (von zum Teil Wochen oder gar Monaten) in Kauf nehmen müssen, bis der Gang zum Arzt genehmigt wird. Zum anderen liegt es in der Hand der dort angestellten MitarbeiterInnen, ob sie den Krankenschein überhaupt ausstellen oder nicht. Nicht medizinisches Fachpersonal, sondern VerwaltungsbeamtInnen entscheiden hier über den Zustand des oder der Erkrankten, wobei sie eine medizinische Versorgung auch nur bei bestimmten Voraussetzungen gewähren dürfen – vor allem bei akuten Erkrankungen und Schmerzen. Bei chronischen Erkrankungen besteht kein genereller Leistungsanspruch. Des Weiteren dürfen zwar Leistungen zur Genesung, Besserung oder Linderung von Krankheiten sowie bei Schwangerschaft und Geburt beansprucht werden, doch weisen die gesetzlichen Formulierungen einen großen Spielraum in der Entscheidungsbefugnis der Behörden auf, der nicht selten dazu führt, dass den Betroffenen die Behandlung verwehrt bleibt.
Der Gang zum Zahnarzt ist auch für Mitglieder einer gesetzlichen Krankenversicherung sicherlich nicht unbedingt angenehm. Für Geflüchtete bedeutete er unter Umständen jedoch einen langwierigen Kampf um Zahnersatz. In den meisten Fällen wird der schmerzende Zahn kurzerhand gezogen.

Diese Seite wurde zu zuletzt am 1. März 2015 bearbeitet.

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