Rechter Trauermarsch blockiert

Wie jedes Jahr am 5. März, dem Jahrestag der Bombardierung von Chemnitz, wollen Neonazis einen Trauermarsch abhalten. Start und Ziel ist der Südbahnhof, die Route verläuft in einer großen Runde durch die Stadtteile Bernsdorf und Zentrum. Angemeldet wird der Aufmarsch wie in den letzten Jahren von der IG Chemnitzer Stadtgeschichte.

Zahlreiche Initiativen und Vereine hatten im Vorfeld zu Protesten aufgerufen. Zwei Gegendemonstrationen gelingt es, Teile der Route zu blockieren, sodass die Demonstration unter dem Motto „Erinnerung verpflichtet“ nur eine Route von ca. 500 m laufen kann. Da am Wendepunkt auf der Hälfte der Strecke allerdings eine Gegenkundgebung des Studierendenrates der TU Chemnitz stattfindet und die Neonazis mit lauter Musik beschallt, beschließen diese, nach ca. 200 m eine Kundgebung abzuhalten und danach die Versammlung aufzulösen.

Als Redner treten Maik Arnold, Simon Richter (Radeberg) und Maik Müller (Dresden) auf. Richter und Müller hatten bereits im vergangenen Jahr gesprochen, Arnold allerdings tritt zum ersten Mal unter seinem Namen auf. Ca. 210 Teilnehmende zählt der Aufmarsch der Rechten, hierunter auch Neonazis aus anderen sächsischen Städten, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die Gegendemonstrationen sind gut besucht: Auf der Demonstration des Bündnis Chemnitz Nazifrei finden sich rund 1500 Menschen ein, an der Demonstration des Studierendenrates nehmen ca. 600 Menschen teil. Auf dem Neumarkt beteiligen sich ca. 1000 Menschen an der Aktion „Chemnitzer Friedenskreuz“.

Alle Versammlungen bleiben friedlich, lediglich eine Person wird von einem Schneeballwurf kurz nach Auflösung der rechten Demonstration verletzt. Hier hatten sich GegendemonstrantInnen an der Altchemnitzer Str. versammelt, sodass sich die beiden Lager sehr nahe kamen. Die Polizei lässt die Neonazis nach Auflösung ihrer Versammlung weitgehend unbegleietet innerhalb des eingezäunten Versammlungsbereiches zum Südbahnhof zurückgehen, was dazu führt, dass sich Neonazis und Gegendemonstrationen an der Einmündung Altchemnitzer Straße sehr nahe kommen. Die genauen Umstände des Vorfalls sind aber unklar.

Während des Aufzuges der Rechten hält sich PRO-Chemnitz-Stadtrat Martin Kohlmann am Rand auf und versucht JournalistInnen zu fotografieren.

Die Polizei erteilt nach der Versammlungsauflösung per Lautsprecherdurchsage allen Teilnehmenden des Aufzuges einen Platzverweis für das Chemnitzer Stadtgebiet. Sie dürfen sich nur zum Südbahnhof zurückbewegen und mit Zügen die Stadt verlassen. Dem ungeachtet, lassen die BeamtInnen allerdings einzelne Gruppen von drei bis fünf Personen sofort aus dem engeren Versammlungsbereich durch die Sperren, woraufhin eine der Gruppen mehrere Journalisten beleidigt und ihnen mit Gewalt droht.

Bis in den Abend nimmt die Polizei sechs Anzeigen auf, u.a. wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz und Waffengesetz, wegen Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Drei Personen wurden in Gewahrsam genommen. An welcher Demonstration diese Person teilnahmen, ist der Redaktion nicht bekannt.

Bereits am Morgen hatten einige Neonazis und Neurechte versucht, wie in den vergangenen Jahren an der offiziellen Gedenkveranstaltung auf dem städtischen Friedhof teilzunehmen. Nach eigenen Angaben wurde ihnen allerdings der Zutritt durch die Polizei verwehrt. Lediglich fünf Personen, die am Äußeren für die Polizeikräfte nicht als Neonazis oder Neurechte erkennbar waren, konnten sich ungestört hinter der Menschenmasse beim Friedhofsgedenken versammeln und legten später noch Blumen nieder. Unter ihnen befand sich eine Kandidatin der Partei PRO CHEMNITZ für die Kommunalwahl 2009 sowie zwei NPD-KandidatInnen. Unterdessen hielten vier junge Neonazis eine spontane Mahnwache vor dem Bernsdorfer Internat für sprach- und hörgeschädigte Kinder und Jugendliche, dem ehemaligen Kinderheim, ab. Nach eigenen Angaben konnten die Neonazis eine Stunde nach dem städtischen Gedenken ihre eigene Gedenkprozedur auf dem Friedhof durchführen.

Quellen:

http://www.freiepresse.de/LOKALES/CHEMNITZ/Ticker-vom-Friedenstag-artikel8292651.php

http://www.sachsen-fernsehen.de/Aktuell/Chemnitz/Artikel/1284693/Bilanz-Chemnitzer-Friedenstag-2013/

http://www.freiepresse.de/LOKALES/CHEMNITZ/5-Maerz-in-Chemnitz-Beteiligte-loben-Kooperation-artikel8294579-1.php

http://www.polizei.sachsen.de/de/MI_2013_20956.htm

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AugenzeugInnen

Drucksachen 5/11606 und 5/13460 im Sächs. Landtag

Verbotsbescheid der Nationalen Sozialisten Chemnitz

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Diese Seite wurde zu zuletzt am 29. Juli 2014 bearbeitet.

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