Kampfsport als Vorbereitung auf einen herbeigesehnten „Tag X“ oder den „Endkampf der Kulturen“ – in den letzten Jahren scheint es ein klares Erstarken der rechten Kampfsportszene zu geben. Neonazis organisieren professionelle Kampfsportveranstaltungen, welche teilweise nicht mehr in der Klandestinität stattfinden, sondern selbstbewusst, öffentlich beworben werden.

Kampfsport ist für Neonazis eine Erlebniswelt. Gewalt gehört zu den grundlegenden Bestandteilen der rechten Ideologie. Der Kampfsport vermittelt nicht nur Gewaltkompetenz, sondern professionalisiert auch für den Kampf auf der Straße. So gab es auch während solcher Veranstaltungen auch Seminare mit dem Namen „Straßenkampf“, bei denen die Ziele klar benannt werden. Außerdem wollen die Teilnehmenden dabei ihre Männlichkeit unter Beweis stellen. Passend zum Kampfsport gibt es passende Kleidungsmarken wie „Greifvogel“ oder „Black Legion“. Die Kampfsport-Veranstaltungen scheinen eine Möglichkeit zu sein neue, vor allem junge Männer, für die Szene anzuwerben. Die Teilnehmenden der Veranstaltungen würden sich auch zu anderen rechten Veranstaltungen mobilisieren lassen.

Die rechten Kampfsportler sind bundesweit gut vernetzt. Außerdem scheint bisher nicht geklärt zu sein, was mit den Geldern, welche bei den Veranstaltungen und mit den Mode-Labels eingenommen werden, passiert.

Bislang scheint es kaum Ansätze zu geben, wie dieser Entwicklung hin zur Professionalisierung der Gewalt in der rechten Szene entgegnet werden kann. Es scheinen Präventionsprojekte sowie pädagogische Maßnahmen zu fehlen.

TIWAZ
Das TIWAZ „der Kampf der freien Männer“ ist eine Kampfsportveranstaltung in Mitteldeutschland. Die Veranstaltungen werden konspirativ geplant. So gibt es keinen offiziellen Veranstaltungsort, sondern Teilnehmende müssen über einen Schleusungspunkt zu der Kampfsportveranstaltungen gelangen. Die regionale Vorbereitung übernimmt vor allem der Chemnitzer Tim K., früher bei der verbotenen Kameradschaft „Nationale Sozialisten Chemnitz“ und dem „Rechten Plenum“ aktiv. Bei diesem Event kommen Mitglieder aller relevanten Neonazi-Strukturen zusammen. Die Karten können bei Tim K., oder im Ladengeschäft „PC Records“ in Chemnitz gekauft werden. Das bekannte rechte Ladengeschäft „PC Records“ ist außerdem Sponsor eines Teams. Die gesamte Organisations-Struktur soll nahe der verbotenen Kameradschaft „Nationale Sozialisten Chemnitz“ sein. So soll auch Robert Andres von Pro Chemnitz laut sächsischem Verfassungsschutz zu den Organisatoren der Veranstaltungen.

Das TIWAZ ist eng verbunden mit der extrem rechten Kampfsportveranstaltung „Kampf der Nibelungen“. Der „Kampf der Nibelungen“ findet seit 2013 statt. Der „Kampf der Nibelungen“ ist das größte Kampfsportevent in Deutschland und hatte bis zu 900 Zuschauer*Innen. Auch außerhalb von Deutschland gibt es ähnliche Organisationen wie den „Day of Glory“ in Frankreich oder den „Triumph of Will“ in Ungarn. So kann davon ausgegangen werden, dass die Kampfsport-Organisation auch internationale Unterstützung bekommt.

2018 fand das TIWAZ mit rund 250 Teilnehmenden in der Gemeinde Grünhain-Beierfeld im sächsischen Erzgebirgskreis statt. Die Teilnehmenden kamen vor allem aus Deutschland, reisten aber auch aus dem europäischen Ausland an. Darunter waren auch zahlreiche bekannte Neonazis aus Sachsen und auch aus Chemnitz. So weitere Neonazis der „Nationalen Sozialisten Chemnitz“ und des späteren „Rechten Plenums“, sowie von „Heimat & Tradition Chemnitz Erzgebirge“ und der Kleinpartei „Der Dritte Weg“. Während der Veranstaltung fand ebenso ein „Zeitzeugenvortrag“ statt. 2019 reisten bis zu 400 Neonazis in das sächsische Zwickau. Auch teilnehmende Kämpfer kamen aus Chemnitz. Zusätzlich verkauft das „TIWAZ“ Shirts, Sticker etc., um Geld für ihre Events und die rechte Szene einzunehmen.

Der Zusammenhang zwischen der extremen Rechten und der Affinität zu Kampfsport ist nicht neu, jedoch ist die Ausrichtung, die breiten Netzwerke und die Professionalisierung neu. Hiermit soll sich auf einen Tag X und einen damit verbundenen gewaltvollen Umsturz vorbereitet werden.

Diese Seite wurde zu zuletzt am 17. Dezember 2020 bearbeitet.

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